Abtreibungsgegner geht
zu weit
"Rufen Sie
'Herrn' Doktor an und sagen Sie ihm, was Sie von der Tötung
ungeborener Kinder halten." Diese Aufforderung ist im Internet mit
Foto und Telefonnummer auf der Website www.abtreiber.com zu finden.
Der betroffene Waldkraiburger Frauenarzt wehrt sich gegen diese
Schikane und führt nun eine Klage.
Waldkraiburg - Der Waldkraiburger Frauenarzt
sah sich bereits im August von einer Gruppe belästigt, die sich
"Helfer für Gottes Kostbare Kinder Deutschland e.V." nennt (wir
berichteten). Die Abtreibungsgegner zogen in einer Gebetsprozession
durch die Stadt und postierten sich anschließend vor der Arztpraxis -
was ihnen später das Landratsamt untersagte. In diesem Zusammenhang
tauchte auch ein Flugblatt auf, das den Frauenarzt, der auf der Basis
der gültigen Gesetzgebung ambulante Schwangerschaftsabbrüche vornimmt,
als "Mörder" bezeichnete.(Anmerkung
von www.Abtreiber.com: "Wir nennen die Tötung der
ungeborenen Kinder MORD,
nicht den Mediziner Mörder").Damals
wollte der Gynäkologe dieser Gruppe keine Plattform bieten und
ignorierte sie. Auch Pfarrer Martin Garmaier, den die Gruppe bat, ihr
Anliegen als Intention in den Gottesdienst aufzunehmen, distanzierte
sich von den katholischen Abtreibungsgegnern und ihren Methoden.
Nun aber hat sich ein radikaler
Abtreibungsgegner aus Baden-Württemberg ins Spiel gebracht:
Günter Annen. Er betreibt diverse Internetseiten und führt einen
Kreuzzug gegen Abtreibungen. Ein paar Klicks durch seine Seiten und
schnell wird seine Ideologie klar: Abtreibung sei Holocaust im
Mutterschoß, daher nennt er eine Website "Babycaust".
Abtreibungsärzte seien Mörder und auch andere,
in seinen Augen moralischen Verfehlungen, werden aufgelistet. So seien
etwa schwule Männer psychisch krank und können geheilt werden.
Embryonengesetze werden mit Nazi-Experimenten verglichen.
So sieht Günter Annen, der den Verein "Initiative Nie Wieder! e.V."
vertritt und als Zustelladresse auf der Abtreiber-Website
angibt, Schwangerschaftsabbrüche als "Krieg gegen ungeborene Kinder
und als Dritten Weltkrieg".
Nach Postleitzahlen geordnet listet er
Abtreibungsärzte und -kliniken auf, veröffentlicht Zeitungsartikel und
Bilder, Handynummern und Emailadressen. Im Fall des Waldkraiburger
Arztes fordert er User auf, diesen anzurufen und ihre Meinung
kundzutun. Das Foto, das den Arzt in seiner Praxis zeigt, hat Annen
von der Website Frauenärzte.de kopiert, die das Bild rechtmäßig
verwendet.
Annen dagegen hat es geklaut, außerdem setzt
er den Doktortitel in Anführungszeichen und erweckt damit den
Eindruck, der Gynäkologe sei nicht rechtmäßiger Träger des Titels.
Damit verstößt Annen gegen Persönlichkeitsrechte, greift in den
Privatbereich des Arztes ein.
Dieser hat die Sache nun seinem Anwalt
übergeben und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. In einem
Schreiben, das der Redaktion vorliegt, fordert sein Anwalt Oliver
Niebler den Webseiten-Betreiber auf, Foto und Kontaktdaten
seines Mandanten zu entfernen, ebenso derartige Schmähkritiken, die
von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt werden.
Annen soll den betreffenden Eintrag komplett
löschen und auch eine Entschädigungssumme bezahlen. Der betroffene
Gynäkologe weiß, dass Annen unzählige Prozesse geführt und verloren
hat - auch die Deutsche Presseagentur berichtete darüber (Anm. d.
Red.) - trotzdem mache er an anderen Stellen weiter. Er vermutet, dass
hinter ihm einflussreiche Geldgeber stehen.
"Diese Hetze ist den Frauen gegenüber äußerst
unsensibel. Solche Diskussionen schaden ihnen und verunsichern vor
allem junge Patientinnen", so der Frauenarzt.
Aber nicht nur der Mediziner ist von der
Internethetze betroffen, auch gegen Pfarrer Martin Garmaier schießt
Annen. Er beschuldigt ihn, sich von der katholischen Lehre entfernt zu
haben, weil er davon abrückt, "die Abtreibung, die Tötung eines
unschuldigen Menschen nicht mehr Mord zu nennen". Er bezieht sich
damit auf besagten Bericht der Heimatzeitung von August.
Weiter schreibt Annen "Pfarrer
Martin Garmaier sollte die katholische Lehre vertreten und die ist
bezüglich Abtreibung eindeutig". Auf dieses Spielchen will sich der
Pfarrer nicht einlassen. "Das ist mir zu dumm und primitiv. Das sind
Leute die zu undifferenziert arbeiten und argumentieren." Der Schmarrn
gehe schon bei der Einschätzung der katholischen Lehre an. "Die sagt
abolut nicht, dass man Abtreibungsärzte als Mörder bezeichnen muss",
so Garmaier.
Ideale und Ideologie seien zweierlei Dinge.
Ideale bewegen und Ideologien verblenden. Letzteres sei das Problem
dieser Abtreibungsgegner. "Ich bin auch gegen Abtreibung - aber gegen
Ideologie." kla
Quelle:
www.ovb-online.de, 19.12.2009
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